Der Hinweg in Richtung Perito Moreno Gletscher verlief zunaechst recht unspektakulaer. Schoenes Wetter und fuer patagonische Verhaeltnisse wenig Gegenwind verschafften

meiner kleinen Ausflugsfahrt mit Minimalgepaeck einen guten Start.
Als ich schliesslich in die Naehe des Nationalparks kam und das erste Mal seit ich hier in Argentinien unterwegs bin, durch einen richtigen Wald fuhr war mein Glueck perfekt.

Rauschende glasklare Fluesse, zwitschernde Voegel in den Baeumen und erstmals der Anblick zweier kreisender Kondore vor den Bergen... Fuer mich war das nach den vielen Wochen trockener Pampalandschaft das Paradies auf Erden!!!
Doch nichts ist so bestaendig wie der Wandel und so holte mich der Parkwaechter am Eingang sehr schnell wieder auf die Erde zurueck. In dem er mir naemlich mitteilte, dass der in meiner Karte und auch noch im Infomaterial des Parks selbst eingezeichnete Campingplatz in diesem Jahr endgueltig geschlossen worden war. Damit konnte ich mir eine Uebernachtung im Park und den Besuch des Gletschers bei Sonnenaufgang abschminken. Doch nicht nur das. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass auch ein Gewaltritt von zusaetzlichen 60 Kilometern hin und zurueck um dann ausserhalb des Parks wild zu zelten kaum noch zu schaffen war. Dennoch fuhr ich erstmal weiter, denn bezahlt hatte ich bereits und eventuell liessen sich ja die Parkwaechter am Gletscher ueberzeugen, dass ich mein Zelt dort aufstellen koennte.
Um die Sache kurz zu machen. Nach 10Km kam mir Robert aus Marburg auf seinem Rad entgegen und nachdem wir uns ein paar Minuten unterhalten hatten und er mir vom Gletscher und der Piste dorthin berichtet hatte, entschied ich mich den Gletscherbesuch zu streichen. Ich hatte ohnehin noch einen Besuch im Torres del Paine Nationalpark geplant, wo also noch einige Gletscher auf mich warteten und ausserdem war der Sonnenschein laengst einer dicken Wolke gewichen.
Und so campierten wir gemeinsam im Wald vor dem Park und erzaehlten uns gegenseitig von unseren bisherigen Erlebnissen und Erfahrungen auf unseren Reisen.
Am naechsten Tag trennten sich unsere Wege wieder, denn er war auf dem Weg in Richtung Norden und ich wollte zum Lago Roca, einem Teil des Nationalparks abseits des riesigen Touristenstroms rund um den Perito Moreno Gletscher.

Eine einsame und wunderschoene Gegend empfing mich nach lockeren dreissig Kilometern. Und bald war mir klar, dass sich der Abstecher gelohnt hatte.

Patagonien pur gab es hier zu geniessen. Und als ich dann auch noch entdeckte, dass sich auf dem kostenlosen Campierarreal inmitten des Reservates kein einziges anderes Zelt fand, stand einem erholsamen Aufenthalt am See nichts mehr im Wege. :-)
Fuer den naechsten Tag hatte ich die Besteigung des Cerro de los Cristales geplant. Und als ich von der Erkundung des einen Kilometer entfernten Einstiegs in den Wanderpfad zurueck kam, traf ich Richard aus Cleveland, Ohio. Er hatte sich in Calafate ein Rad gemietet um sich den See und den Gletscher anzusehen.

Als er von meinem Plan hoerte morgen frueh auf den Berg zu steigen, schloss er sich spontan an. Wir haben den Abend dann gemeinsam am Lagerfeuer verbracht und so erfuhr ich, dass er seit eineinhalb Jahren in Buenos Aires als Englischlehrer gearbeitet hat und nun in Calafate nach nem schoenen Job fuer den Sommer sucht, da er keine Lust hat ihn in der Hitze Buenos Aires' zu verbringen.
Unser lauschiger Lagerfeuerabend wurde durch einsetzenden Regen schliesslich beendet. Und als ich mitten in der Nacht aufwachte und es immer noch wild aufs Zelt plaetschern hoerte, schlief ich nur schwer und mit leichten Sorgen wieder ein. Doch um 5 Uhr morgens wurde der Regen schwaecher u hatte als ich um kurz vor 6 aus dem Zelt kroch endgueltig aufgehoert. Allerdings war ich einigermassen ueberrascht als ich in Richtung Gipfel sah. Schnee!!! Alles weiss ab etwa 100 Hoehenmeter ueber uns.
Wir entschieden aber trotzdem loszugehen, denn er konnte selbst am Gipfel oben kaum mehr als 10-20 cm hoch liegen. Und auf einen markierten Weg, der nun verschneit sein koennte, hatten wir ohnehin nicht gehofft. Wir waren schliesslich in Argentinien und nicht in den europaeischen Alpen!!! ;-)
Zum Aufstieg selbst bleibt nicht viel zu sagen. Es schneite die ganze Zeit, was immerhin besser war als Regen, die Sache allerdings ziemlich rutschig machte. Der Pfad hatte sich bereits nach wenigen hundert Metern verloren, so dass wir uns unseren Weg selbst suchten und dabei moeglichst vermieden durch allzu dichtes Gebuesch und Dickicht klettern zu muessen. Und auf dem Weg erfuhr ich, dass Rich wie ich 25 ist, er englische Literatur auf nem amerikanischen College studiert hat und dass er als Feuerwehrmann in den Waeldern Kaliforniens gearbeitet hat.
Als wir nach etwa drei Stunden auf dem Gipfel stehend unser Gipfelfoto in der dicken grauen Wolke machten,

entschieden wir uns noch ein paar Minuten im eiskalten Wind auszuharren in der Hoffnung, dass es doch noch aufreissen wuerde... Und tatsaechlich, es wurde heller und heller und ploetzlich war die Sicht da...

Was wir dann jedoch sahen, hat uns doch ein wenig ueberrascht. Wir waren noch gar nicht auf dem Gipfel! Es ging von unserem Standpunkt aus vielmehr ein kleines Stueck bergab u dann nochmal etwa 100 Hoehenmeter bis zur Bergspitze hinauf.

Aber auch nach unten hin verzog sich ein Schleier nach dem andern und schon bald konnten wir erahnen was fuer ein gigantisches Panorama da unter uns lag. Und
da dem Wetter nicht zu trauen war, schoss ich meine ersten Bilder.

Fuer den Moment war es das Beste was ich machen konnte. Denn zwanzig Minuten spaeter, auf dem richtigen Gipfel war das einzig moegliche Foto, das nun echte Gipfelbild mit Fahnenmasthalterung im Hintergrund. :-) Und auch wenn wir uns mit nassen, halberfrorenen Fuessen und Haenden hinter ein paar Steine kauerten um wenigstens ein bisschen vor dem starken Wind sicher zu sein war das Warten umsonst. Es schneite und schneite und schneite. Uns blieb nichts anderes uebrig als wieder hinabzusteigen und auf eine Verbesserung weiter unten zu hoffen.

Und wir hatten Glueck! Schon wenige Hoehenmeter weiter unten... Die Wolke wird immer lichter, der Schneefall schwaecher... und dann... unbeschreiblich!!!

Auch wenn uns der Schnee den Aufstieg nicht gerade erleichterte, er machte das Panorama um einiges schoener.

Ein Blick ins Seitental. Der Wind fegte ziemlich heftig ueber den Berg. Auf der andern Seite schuf er damit Schneewehen in denen ich mich zum Test mal bis zur Huefte reinstellte. :-)
Ich konnte von dieser Aussicht kaum genug kriegen. Und so schoss ich auf dem Weg nach unten ein Bild nach dem andern. Entsprechend schwer faellt es mir jetzt mich hier auf ein paar wenige zu beschraenken...
Waehrend des Abstiegs kam die Sonne immer kraeftiger durch.

Und so war der Blick auf den Lago Roca im Vordergrund und den dahinter liegenden Gletschersee Lago Argentino ein Traum.
Auch der Gletscher war schoen zu sehen. Auf dem Foto wirkt er durch die ueber dem Eis haengende Wolke viel trister als es live tatsaechlich war.

Denn diese Wolke war auf den Gletscher und die Berge drumherum beschraenkt. Der restliche Himmel war ziemlich aufgelockert, so dass uns meist die Sonne waermte. Pausen waren so etwas Angenehmes und nicht wie weiter oben noch mit Auskuehlen und Frieren verbunden.


Interessant zu beobachten war auch das dort herrschende Mikroklima. Denn das Inlandeis fuehrt zu einem auf wenige Kilometer begrenzten eigenen klimatischen Raum. Gepraegt durch sehr viel mehr Niederschlag und seine unglaubliche Wechselhaftigkeit.
Insgesamt hat mir dieser kleine Abstecher sehr gut gefallen und der Ausblick vom Berg oben mein bisher groesstes Highlight!!!
Ich freu mich jetzt schon auf meine anstehende Wandertour in den Torres del Paine Nationalpark. Nach der ganzen Radelei tut ein wenig Laufen sehr gut. Ausserdem waere der Park nicht mit dem Rad zu erkunden und ich moechte nicht an den schoensten Stellen Suedamerikas vorbeifahren weil ich mich zu sehr aufs Radfahren fixiere.